Aufbau eines Tech-Services-Ökosystems zur Bereitstellung von Produkten – nicht von Applikationen: Organisationen, die sich sowohl auf die Wertsteigerung als auch auf die Senkung der Kosten ins Auge fassen wollen, müssen ihre Zusammenarbeit mit ihren Anbietern überdenken.
IT-Organisationen großer Unternehmen arbeiten durchaus schon lange mit externen Technologie-Anbietern zusammen. Zunehmend setzt sich dieser Trend nun auch bei kleineren Unternehmen durch. Dabei gilt es zu überdenken, mit welchen Anbietern man zusammenarbeiten bzw. wie man sie in die Unternehmensstrategie bzw. aktuelle Digitalisierungsprojekte integrieren möchte.
Häufig wird das Ziel der Kosteneinsparungen als eines der drei wichtigsten digitalen Prioritäten genannt. Allerdings ist zu beobachten, dass sich eine Verlagerung hin zur Schaffung umsatzbringender Technologie vollzieht. Dazu zählt z.B. die Entwicklung neuer Einnahmequellen, wie beispielsweise ein neues digitales Produktportfolio.
In der Vergangenheit wurden Entscheidungen über die Zusammenarbeit mit Technologie-Service-Partnern typischerweise an Kosten, Planungs- und Effizienzanforderungen ausgerichtet. Da sich die Prioritäten jedoch vom Kostenmanagement hin zur Umsatzgenerierung verlagert haben, stellen wir fest, dass Unternehmen nun zunehmend nach Wegen suchen, Technologieanbieter besser in die Unternehmensabläufe zu integrieren.
Nach unserer Erfahrung können Unternehmen mit Hilfe externer Experten die strategische Flexibilität erhöhen und Kosten senken, indem sie Teil eines Tech-Ökosystems werden und so in der Lage sind auch sehr individuelle Lösungen zu entwickeln. Ein Lagertechnik-Hersteller hat beispielsweise zwei Anbieter-Ökosysteme entwickelt, von denen eines auf die Digitalisierung seiner Fertigung und das andere auf die Förderung von Innovationen für seine selbstfahrenden Flurförderfahrzeuge ausgerichtet ist.
Um durch Ökosysteme einen nachhaltigen Mehrwert zu erzielen, Führungskräfte jedoch über die traditionellen Service-Provider-Modelle hinausgehen.
Vom traditionellen Sourcing-Management bis zur Orchestrierung von Technologie-Ökosystemen
Fast alle großen Technologieunternehmen arbeiten mit vielen Technologieanbietern, Integratoren und Anbietern zusammen – manchmal mit Hunderten. Während einige wenige persönliche Verbindungen zu einer Vielzahl von Anbietern, Integratoren und Anbietern herstellen, haben die meisten einen oder zwei „Anker“-Dienstleister mit langen Verträgen, die große Mengen und hohe Kosten verursachen. Diese Anker-Anbieter liefern oft umfassende Dienste auf Anwendungs- oder Infrastrukturebene, sodass alle anderen Nischenanbieter ihre Dienste auf diesen Anbieter zuschneiden müssen. Die Einschränkung dieses Modells besteht darin, dass es aufgrund der Abhängigkeiten von den Fähigkeiten des Anker-Anbieters, der internen Roadmap und der Offenheit für die Zusammenarbeit strenge Prozess- und Technologiebeschränkungen schafft.
Eine Alternative, um diese Einschränkung zu vermeiden, ist das Technologie-Ökosystem-Modell, das im Allgemeinen auf einer Gruppe von Schlüsselanbietern basiert, die sich jeweils auf eine bestimmte Domäne oder ein bestimmtes Produkt konzentrieren. Dieses Modell basiert auf der Zusammenführung aller Anbieter, um ein Produkt zu liefern. Sie legt großen Wert auf die Interoperabilität zwischen den Anbietern und beruht auf der kollektiven Rechenschaftspflicht. Bei einer effektiven Implementierung bietet es dem Unternehmen Zugriff auf eine größere Bandbreite an Funktionen und Plug-and-Play-Flexibilität.
Angesichts der Notwendigkeit, Anbieter untereinander und mit ihren individuellen Fähigkeiten zu integrieren, muss es als zentrale Funktion in einem Ökosystem eine Rolle Orchestrators geben. Auf diese Weise funktioniert die Zusammenarbeit ähnlich wie bei einem Autohersteller, der viele Komponenten zusammenführen muss. Typischerweise entscheidet sich der Hersteller für einen gemeinsamen Standard und verfolgt einen modularen Ansatz, um verschiedene Lieferketten zu verbinden. Als Orchestrator setzt der Hersteller Rahmenbedingungen und prüft die Output-Qualität.
Neben der Einbeziehung vieler Anbieter erfordert der Wechsel zu einem Ökosystem-Ansatz die Verwaltung detaillierterer Dienste, insbesondere für Komponenten, die innerhalb des zugrunde liegenden Geschäftsmodells eine entscheidende Rolle spielen. Für die meisten Organisationen stellt die Entwicklung eines detaillierten Verständnisses für das Zusammenspiel der verschiedenen Komponenten des Systems eine Herausforderung dar.
Was hat die Organisation davon?
Das Denken und Handeln in Technologie-Ökosystemen bietet mehrere Vorteile:
Innovation. Durch die Partnerschaft mit externen Experten werden nicht nur interne Kapazitäten freigesetzt, sondern auch Zugang zu Know-how, Erfahrung und Ideen ermöglicht.
Zugang zu neuen Technologien und Fähigkeiten in großem Maßstab. Mit der Verbreitung spezialisierter Technologiedienstleister kann man auf neue Technologien, Anwendungen, Infrastrukturen und professionelle Dienste zugreifen. Viele Unternehmen nutzen die Erfahrung eines Partners auch, um die Phasen des eigenen Experimentierens zu überspringen.
Verkürzung der Markteinführungszeit für neue Produkte, Dienstleistungen und Lösungen. Wenn Unternehmen Ökosysteme gut verwalten, können sie auf agile Weise mit Partnern zusammenarbeiten, um minimal praktikable Produkte bereitzustellen und Funktionen schnell zu integrieren. Die Geschwindigkeit und Agilität dieser Methode stehen in deutlichem Kontrast zum traditionellen Ansatz.
Erhöhte Flexibilität. Durch den Abschluss von Verträgen mit mehreren Technologieanbietern für kleinere Volumina und kürzere Laufzeiten können sich Unternehmen mehr Flexibilität verschaffen. Bei guter Umsetzung kann dieser Ansatz natürlich auch Kosten kurzfristig senken.
Erhöhte Stabilität und Sicherheit. Durch die Arbeit in einem Ökosystem können Unternehmen auch die Aspekte rund um das Thema Cyber Security einfacher aktualisieren. Wenn alle Komponenten ordnungsgemäß modularisiert sind und eine Zero-Trust-Umgebung eingerichtet wurde, können die allgemeine Sicherheit und Stabilität aus Sicht der System-Architektur erhöht werden. Traditionell haben Unternehmen in diesem Fall versucht, Bedenken zu minimieren, indem sie sich auf einen Anker-Anbieter konzentrieren und diesen zur Rechenschaft ziehen. Das Unternehmen wird dann zunehmend abhängig von diesem Anbieter, um alle Anforderungen zu verwalten, und seine eigenen Fähigkeiten hinsichtlich der Bewältigung Sicherheits- und Risikofragen schwinden.
Was es braucht
Das Lieferantenmanagement leidet, wenn es auf sporadischen Anforderungen und Ad-hoc-Entscheidungen basiert. Stattdessen entwickeln Top-Performer bewusst die notwendigen Fähigkeiten, um ein Ökosystem aufzubauen. Hier einige Richtlinien, wie auch sie von solch einem Ansatz profitieren können:
Denken Sie bei der Bewertung von Technologie Anbietern umfassend über strategische Fragen und Einschränkungen nach
Bei der Überprüfung der Technologie Landschaft damit beginnen ein klares Verständnis des Wettbewerbsvorteils zu erlangen, den Fähigkeiten die man aufbauen möchte und der damit verbundenen Kosten.
Um einen Wettbewerbsvorteil zu schaffen, entscheiden müssen sie evaluieren, ob sie proprietäre Beziehungen aufbauen oder die Fähigkeiten intern einbringen können. Noch wichtiger ist, dass sie verstehen, wie eine Kombination von Anbietern, durch die Zusammenarbeit Vorteile schaffen kann. Dieses Systemdenken ermöglicht es, Multiplikatoreffekte zu erzielen und eine bevorzugte Lösung zu entwickeln. Nur die besten Anbieter werden dabei mit einbezogen, anstatt an die Fähigkeiten eines Anker-Anbieters gebunden zu sein. Wenn die Funktionalität einer Lösung kein wesentliches Unterscheidungsmerkmal des Unternehmens ist, so ist die Beschaffung über einen einzigen Anbieter oder eine Software-as-a-Service (SaaS)-Lösung sinnvoll.
Gleichzeitig lässt sich eine vorausschauende Perspektive auf die Personalkapazität entwickeln. Sie haben zum Beispiel einen klaren Blick darauf, welche internen Kompetenzen in Zukunft zu Engpässen werden, welche internen Kompetenzen am Markt nur schwer zu bekommen sind und wie sich die Qualifikationsnachfrage verändern wird. Diese Randbedingungen helfen bei der Auswahl der technischen Dienste.
Schlüsselfragen:
Welche Einschränkungen der internen Fähigkeiten und Kapazitäten schränken die Organisation ein? Welches davon planen Sie aus dem Ökosystem Ihres Technologie-Dienstleisters aufzubauen und welches intern?
Welche Technologien und Fähigkeiten beschleunigen Ihre Bemühungen um die digitale Transformation?
Was sind die drei wichtigsten Wertquellen, die Technologiedienstleister in Ihrem externen Ökosystem bieten können?
Welche Technologiefunktionalitäten sind das zentrale strategische Alleinstellungsmerkmal des Unternehmens und wo reicht standardisierte Funktionalität aus?
Erstellen Sie eine Ebene zur Orchestrierung, die eine reibungslose Integration neuer Dienste gewährleistet
Die Verwaltung aller unternehmenseigenen und extern bezogenen Anwendungs- und Infrastrukturdienste erfordert eine Orchestrierungsfähigkeit, die Personen, Prozesse und Systeme umfasst. Während die Teamzusammensetzung variieren kann, müssen die Teams Architekten, Anbietermanager, Geschäftsleiter sowie Produktsystemmanager umfassen. So lassen sich nachhaltig Wert und Nutzen von Innovationen bemessen.
Diese Funktion geht weit über die üblichen Sourcing-Fähigkeiten hinaus. Sie integriert beispielsweise neue Dienste und Funktionalitäten schnell (z. B. durch die Einrichtung von Standards für kompatible Datenverbindungen zwischen den Anwendungen) und verwaltet die Gesamtleistung des Ökosystems, einschließlich der Koordination von besonderen Ereignissen und deren Problemlösung.
Wichtig ist, dass die Orchestrierung als Single Point of Truth dient. Dazu gehört die Bereitstellung grundlegender Informationen zu allen vorhandenen Diensten: Nutzungs- und Leistungsmuster, wie die Einhaltung von Service-Level-Agreements; Interaktionen, wie Datenflüsse und Anzahl der Anfragen, zwischen den verschiedenen Diensten; der ROI des Dienstes für die Organisation, basierend auf Lizenzen, Anfragen, Benutzerabonnements usw.; und Kostenzuordnung (Entscheidungen darüber, wer die Kosten tragen muss).
Schlüsselfragen:
Wie schnell können Sie Services Ihrer Technologie-Dienstleister in Ihre eigenen Services integrieren?
Haben Sie eine klare Vorstellung von den geschäftlichen Vorteilen Ihrer Dienstleistungen?
Kann der Großteil Ihrer Leistungen nach Verbrauch abgerechnet werden?
Wie gut funktioniert Ihr Mechanismus zur Lösung von Vorfällen?
Legen Sie Governance-Prinzipien und -Standards fest, die die Interaktionen mit den Anbietern unterstützen
Die Arbeit mit einem Ökosystem erfordert zwei Governance-Ebenen. Die erste sollte sich damit befassen, wie Anbieter mit dem Kundenunternehmen zusammenarbeiten. Um den Verwaltungsaufwand für das Unternehmen zu minimieren, ist es wichtig, sich von Befehl und Kontrolle zu „embedded Governance“ zu bewegen – einem Modell, bei dem klare und einfache Prinzipien in den Prozess eingebettet sind und weniger Aufwand zur Überwachung und Durchsetzung erforderlich ist.
Die andere Governance-Ebene muss die effektive Zusammenarbeit mehrerer Parteien unterstützen. Die Unterstützung würde gemeinsame Anreize umfassen, wie z. B. die Bindung eines Infrastruktur-Service-Partners und eines Anwendungspartners an allgemeine Leistungskennzahlen zur Anwendungsverfügbarkeit; gemeinsame Schnittstellen und Integrationsmechanismen für bestimmte Lösungen (z. B. APIs); und klare Prozesse zum Testen und Freigeben neuer Funktionen, die Abhängigkeiten zwischen mehreren Anbietern aufweisen.
Schlüsselfrage:
Welche Mechanismen haben Sie, um Anbietern eine direkte Zusammenarbeit zu ermöglichen?
Schaffen Sie die Voraussetzungen für eine Plug-and-Play-Architektur
Eine effektive Integration von Ökosystemanbietern erfordert eine Produkt- und Plattform-IT-Architektur, die dabei helfen kann, zu organisieren, wo sich verschiedene Serviceanbieter in das System einklinken können. Dies erfordert einen gründlichen Überprüfungsprozess, um den aktuellen Status zu analysieren. In erster Linie bedeutet dies festzulegen wo Partner Zugriff benötigen und wo nicht, Protokolle für den Zugriff zu bestimmen usw.
Enabler müssen hier bereitstehen, damit diese Plug-and-Play-Architektur funktionieren kann. Einer der wichtigsten Enabler ist die Zero-Trust basierte Sicherheit, bei der jede Lösung unabhängig sicher ist und keiner anderen Lösung „vertrauen“ muss, um zu funktionieren. Andere Enabler sind containerisierter Code, um Workloads flexibel zu verschieben. Eine über die Plattform verwaltete API-Umgebung, die dabei unterstützt die Komplexität der sich vermehrenden APIs zu reduzieren.
Schlüsselfragen
Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Dienste dem breiteren Ökosystem ausgesetzt sind und mit ihm interagieren können?
Wie decken Ihre Richtlinien und Praktiken hinsichtlich Cybersicherheit die Technologiedienstleister und ihre Partner ab?
Baut Ihr Cybersecurity-Ansatz auf Perimeter Security oder auf dem Zero-Trust-Prinzip auf?
Einen Leitfaden zur Anbieterintegration entwickeln
Der Wert des Ökosystems liegt in der Möglichkeit, Anbieter auszutauschen, beispielsweise durch den Wechsel von einer eigenen Lösung zu einem SaaS-Modell. Um zu vermeiden, dass Sie jedes Mal neu lernen müssen – und die gleichen Fehler machen – ist es wichtig, einen klaren und pragmatischen Ansatz zu erstellen, die beim Ersetzen eines bestehenden Dienstes oder der Integration eines neuen Dienstes zu befolgen ist.
Unternehmen, die sich durch das Management von Anbieter-Ökosystemen auszeichnen, entwickeln Integrationsansätze und -pläne, die Vertrags-, Lizenz-, Architektur- und Serviceaspekte auf eine Weise einbeziehen, die sich bei verschiedenen Anbietern in gleicher Weise wiederholen lassen. Dazu gehört die Entscheidung, welche Stakeholder einbezogen werden sollen – beispielsweise Geschäftsleitung, Beschaffung, oder IT – und welche Prinzipien bei der Zusammenarbeit mit den einzelnen Stakeholdergruppen zu befolgen sind.
Schlüsselfrage
Haben Sie eine klar umrissene Routine für die Integration und den Austausch von Diensten?
Transformieren Sie die Denkweise und Prozesse der Beschaffung, um Abhängigkeiten von Ökosystemen zu priorisieren
Die Beschaffung ist in vielen Unternehmen umständlich und zeitaufwendig. Das lag bislang daran, dass die Verträge mit großen Anbietern sehr umfangreich gestaltet sind und bis zu einem Jahrzehnt dauern. Beschaffungsteams verbringen daher viel Zeit damit, Risiken zu antizipieren und zu minimieren. Verträge mit Ökosystemanbietern sind jedoch kleiner und von kürzerer Dauer. Daher müssen Beschaffungsteams von einer risikoreichen, eisernen Vertragsmentalität zu einer flexibleren Denkweise wechseln, die schnelle Änderungen ermöglicht.
Auch die Beschaffung muss ihre Entscheidungskriterien ändern. Während Kosten und Risiken natürlich immer noch wichtige Kenngrößen sind, verfügt eine erfolgreiche Beschaffungsfunktion in einem Anbieter-Ökosystem über ein viel tieferes Verständnis der technologischen und geschäftlichen Abhängigkeiten. Organisationen müssen diese Abhängigkeiten berücksichtigen und sicherstellen, dass sie sich in Vereinbarungen widerspiegeln.
Schlüsselfrage
Wie schnell können Sie mit neuen Technologie-Dienstleistern die vertragliche Basis für den Zugriff auf ihr Leistungsportfolio schaffen?
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