Schlüssel-Rohstoffe für die Energiewende sind entscheidend, um die Dekarbonisierung des globalen Energiesystems zu erreichen – und ein Mangel an ausreichender und erschwinglicher Versorgung würde daher die schnelle Einführung entscheidender kohlenstoffarmer Technologien behindern.
In der Metall- und Bergbauindustrie stammen rund 80 Prozent der Einnahmen aus nur fünf Rohstoffe
Die globale Metall- und Bergbauindustrie tritt in eine neue Ära ein. Historisch gesehen wurde die Branche vom Wirtschaftswachstum und der Entwicklung der Mittelschicht angetrieben, was zu einem starken Nachfragewachstum nach Rohstoffe wie Stahl, Aluminium und Kohle führte. Während 80 Prozent der Branche heute hauptsächlich aus fünf Rohstoffen besteht – Stahl, Kohle, Gold, Kupfer und Aluminium – verändert sich die Landschaft infolge der Energiewende rasant.
Tatsächlich ist die Energiewende in erster Linie eine physische Transformation und die wichtigsten Herausforderungen sind daher größtenteils physischer Natur, einschließlich der rechtzeitigen Verfügbarkeit von Rohstoffen, die in kohlenstoffarme Technologien eingebettet sind. Die Energiewende verändert die Rohstofflandschaft auf drei Arten:
Sie beschleunigt das Nachfragewachstum nach Rohstoffen, die in kohlenstoffarme Technologien eingebettet sind, da diese Technologien typischerweise mehr eingebettete Rohstoffe erfordern als ihre konventionellen Gegenstücke. Beispielsweise sind batteriebetriebene Elektrofahrzeuge (BEVs) typischerweise 15 bis 20 Prozent schwerer als vergleichbare Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor (ICE).
Es löst eine langfristige Verschiebung des Rohstoff-Nachfrageprofils aus, da kohlenstoffarme Technologien einen anderen Mix von Rohstoffen für die Energiewende erfordern, was die relative Bedeutung dieser Rohstoffe wiederum im gesamten Metall- und Bergbau Portfolio allmählich vergrößert.
Es führt zu einer langfristigen Reduzierung der Kohle (Thermal Coal) im Energiesystem, die derzeit gemessen am Umsatz (2023) der zweithäufigste Rohstoff ist.
Der Weg in die Zukunft wird unweigerlich Herausforderungen mit sich bringen, darunter die Frage, wie die Skalierung des Angebots beschleunigt werden kann, um neuen Nachfragemustern gerecht zu werden, und wie die Rohstoffe erschwinglich gehalten werden können.
Man darf jedoch auch zuversichtlich sein, dass die Reaktion der Branche auf die Energiewende auch erhebliche Geschäftspotentiale für etablierte Unternehmen und Neueinsteiger gleichermaßen bietet - sei es durch bewusste Portfolio Verschiebungen, disruptive Innovationen, neue Geschäftsmodelle oder die nächste Welle von Betriebs- und Investitionsausgaben (Capex), die in einigen Fällen durch KI ermöglicht werden.
Das Angebot steigt wichtigen “grünen” Rohstoffe schneller als erwartet
Ein Vergleich der Prognose der Branche für das angekündigte Angebot im ersten Quartal 2020 mit der tatsächlichen Produktion im Jahr 2023 zeigt, dass die Produktion von Lithium und Nickel um fast 20 Prozent unterschätzt wurde.
Bei Lithium ist der Unterschied darauf zurückzuführen, dass von australischen und US-amerikanischen Investoren finanzierte Projekte schneller als erwartet in Betrieb gegangen sind, sowie auf eine unerwartete Ausweitung der Lithium Förderung in China als Reaktion auf die erhöhten Lithium Preise Mitte 2023.
Und bei Nickel ist der Anstieg fast ausschließlich auf integrierte Laterit-Assets aus der Hochdruck-Säurelaugung (HPAL) in Indonesien zurückzuführen. Dieser beschleunigte Angebotsaufbau – in Kombination mit einem Rückgang der Verkäufe von Elektrofahrzeugen (EV) – erklärt teilweise die jüngsten Preiskorrekturen nach unten und warum einige Projekte zurückgezogen wurden.
Im Gegensatz dazu bleibt das Kupfer Angebot hinter den Prognosen zurück, nicht nur weil erwartete Projekte nicht in Betrieb gegangen sind, sondern auch weil die Produktion mehrerer Minen schneller als erwartet zurückging.
Da das Angebot bei einigen Rohstoffen schneller als erwartet gestiegen ist, haben sich die Nachfragemuster als Reaktion auf erwartete Lieferengpässe angepasst.
Beispielsweise verschiebt sich der Chemie-Mix für Batterien, die in Elektrofahrzeugen zum Einsatz komme, zunehmend von Nickel-Mangan-Kobalt (NMC) zu Lithium-Eisen-Phosphat (LFP). Ein weiteres Beispiel: Der Anteil der führenden OEMs, die angeben, sie würden auf Elektromotoren umsteigen, bei denen nur noch ein bruchteil Seltene Erden (REEs) zum EInsatz kommen wird, stieg von 30 Prozent im Jahr 2022 auf 40 Prozent im Jahr 2023. Solche Trends sind jedoch nicht für alle Rohstoffe einheitlich.
Die Nachfrageprognosen hingegen bleiben von jetzt an bis 2035 stark. Tatsächlich wird erwartet, dass die Nachfrage im kommenden Jahrzehnt, mit Ausnahme von Stahl und thermischer Kohle, das absolute historische Wachstum im Vergleich zum vorherigen Jahrzehnt für alle in diesem Bericht berücksichtigten Rohstoffe übertreffen wird - wobei Lithium und Kupfer besonders hervorstechen.
Auch bei Nickel und Seltenen Erden (REEs) wird ein schnelleres Wachstum erwartet als im letzten Jahrzehnt. Allerdings wurden die Prognosen für beide in den letzten neun Monaten nach unten korrigiert, da sich die Nachfrage aus dem Automobilsektor weg von nickelreichen Batterien und REE-intensiven Motoren für Elektrofahrzeuge verlagert.
Preiserhöhungen werden wahrscheinlich erforderlich sein, um eine ausreichende Versorgung zu fördern
Seit 2022 sind die Lithium Preise um etwa 80 Prozent auf 14.500 USD pro Tonne Lithiumcarbonat Äquivalent (LCE) und die Nickelpreise um etwa 20 Prozent auf 20.000 USD pro Tonne gefallen. Diese Rückgänge stellen eher eine „Normalisierung“ als eine drastische Veränderung der Branchendynamik dar, da sich die Preise den typischen Produktionskosten annäherten.
Um eine ausreichende Versorgung zu fördern, müssten die Nickelpreise um etwa 1.000 USD pro Tonne steigen, eine Steigerung der Produktion von 5 Prozent, vorausgesetzt, dass die wirtschaftlichsten Minen priorisiert und pünktlich liefern.
Bei Lithium und Kupfer ist die Pipeline angekündigter Minen-Projekte kleiner und der Nachfrageanstieg höher. Daher wäre hier ein höhere Preiseanstieg zu erwarten, um eine ausreichende Versorgung sichzustellen, und die Nachfrage zu decken. Für Kupfer wäre eine Erhöhung um etwa 20 Prozent gegenüber den aktuellen Preisen erforderlich, und für Lithium beträgt die erforderliche Preiserhöhung etwa 30 Prozent, vorausgesetzt, alle angekündigten Minen-Projekte gehen in Betrieb.
Die Vergangenheit hat jedoch gezeigt, dass die wirtschaftlichsten Minen nicht immer priorisiert behandelt werden, da es neben der Rentabilität noch eine Reihe von Hindernissen gibt, die den Betrieb beeinflussen können, wie z. B. Verzögerungen bei der Genehmigung von neuen Projekten. Darüber hinaus arbeiten verschiedene Minen mit stark unterschiedlichen Margen, die häufig von Eigentümern und Investoren individuell festgelegt werden - zum Nachteil der Käufer führt dies ggf. zu stark unterschiedlichen Premium-Preisen.
Alles in allem wäre eine weitere Preiserhöhung erforderlich, um neues Rohstoff-Angebot auf den Markt zu bringen, gerade dann wenn einige der rentableren Minen nicht wie geplant vorankommen.
Regulierungsmaßnahmen könnten die Aussichten beeinflussen
Regulierungsmaßnahmen wie das EU-Emissionshandelssystem (EU ETS) und der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) könnten die aktuellen Marktaussichten für grünen Stahl in Europa erheblich verändern.
Während derzeit nur etwa 20 % der europäischen Stahlverbraucher bereit sind, einen Aufpreis von 75 USD pro Tonne für grünen Stahl zu zahlen, der in Lichtbogenöfen (EAFs) mit Erdgas hergestellt wird, könnte sich dieses Szenario mit Inkrafttreten strengerer CO2-Vorschriften weiterentwickeln.
Da die EU im Rahmen des EU-EHS ab 2026 die kostenlosen CO2-Zertifikate schrittweise abschafft, werden die Kosten der CO2-Emissionen steigen, was Unternehmen dazu ermutigen wird, nach kohlenstoffärmeren Alternativen zu suchen oder in innovative Technologien zu investieren. Bis 2030, wenn sich der Kostenunterschied zwischen konventionellem und grünem Stahl verringert, könnten Prognosen zufolge bis zu 85 % der europäischen Stahlverbraucher bereit sein, einen geringeren Aufpreis für grünen Stahl zu zahlen.
Dieser Wandel wird nicht nur durch den Kostendruck aufgrund regulatorischer Maßnahmen vorangetrieben, sondern auch durch die steigende Nachfrage nach nachhaltigen Rohstoffe in Sektoren wie Energie und Transport, in denen Umweltfreundlichkeit zu einer Wettbewerbsvoraussetzung wird.
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